Schadenersatz

„Jeder trägt seinen Schaden selbst

Der Schaden kann nur von jemand anderem gefordert werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Hier lesen Sie Grundsätze des allgemeinen Schadenersatzrechtes:

 

1. Wird jeder Schaden ersetzt oder was ist eigentlich „Schaden“?

2. Wie lange kann Schadenersatz geltend gemacht werden?

 

3. Unter welchen Umständen ist Schadenersatz möglich?

 

4. Was bekommt man ersetzt? Höhe des Schadenersatzes

 

5. Wer ist ersatzpflichtig?

 

6. Muss ich für das Verhalten anderer haften?

 

 

  1. Wird jeder Schaden ersetzt oder was ist eigentlich „Schaden“?

Für einen ersatzfähigen „Schaden“ im Sinne des Gesetzes gibt es eine Definition: Schaden ist ein „Nachteil, der jemandem am Vermögen, an seinen Rechten oder an seiner Person zugefügt worden ist“ (§ 1293 ABGB).

Der gesetzliche Schaden wird mehrfach unterschiedlich unterteilt.

Regelmäßig liest man die Begriffe Vermögensschaden, entgangenen Gewinn oder ideeller Schaden.

Der Vermögensschaden ist der konkret an dem vorhandenen Gut (=Person, Sache) eingetretene Nachteil.

Der entgangene Gewinn ist der Verlust eines Vermögenszuwachses aufgrund des eingetretenen Schadens.

Von einem ideellen oder immateriellen Schaden spricht man, wenn Beeinträchtigungen im psychischen Wohlbefinden, der Reputation, oder bei der Lebensqualität einer Person  eingetreten sind (Schmerzengeld, Rufschädigung, Mobbing Diskriminierung, Verletzung der Privatsphäre, Verlust eines geliebten Menschen = auch genannt Schockschaden).

Nichterfüllungsschaden (auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung):

Der Nichterfüllungsschaden tritt auf, wenn eine Vertragspartei ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Wenn eine Partei einen Vertrag abschließt und dann nicht das tut, was im Vertrag vereinbart wurde, kann die andere Partei Anspruch auf Schadensersatz geltend machen. Der Nichterfüllungsschaden soll die geschädigte Partei so stellen, als ob der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Dies bedeutet, dass die geschädigte Partei Anspruch auf Ersatz des finanziellen Schadens hat, der direkt aus der Nichterfüllung des Vertrags resultiert, einschließlich entgangener Gewinne oder zusätzlicher Kosten, die durch die Nichterfüllung verursacht wurden.

 

Beispiel: Wenn eine Baufirma einen Vertrag zur Errichtung eines Hauses abschließt, aber die Arbeit nicht abschließt, kann der Auftraggeber Anspruch auf Schadensersatz haben, um die zusätzlichen Kosten zu decken, die für die Beauftragung einer anderen Baufirma erforderlich sind, um das Projekt abzuschließen.

 

Vertrauensschaden (auch Vertrauensschaden bei Vertrauenshaftung):

Der Vertrauensschaden ist in der Regel in Fällen relevant, in denen eine Person oder ein Unternehmen aufgrund eines Vertrauensverhältnisses eine besondere Verantwortung für das Wohl anderer trägt. Dieser Schadensersatzanspruch tritt auf, wenn die vertrauensbasierte Beziehung verletzt wird und dem Geschädigten immaterielle Schäden oder Schäden am Vertrauen selbst entstehen. Im Gegensatz zum Nichterfüllungsschaden handelt es sich beim Vertrauensschaden um Schäden, die schwerer zu quantifizieren sind, da sie oft auf das emotionale oder psychologische Wohlbefinden abzielen.

 

    1. Wie lange kann Schadenersatz geltend gemacht werden?

    Schadenersatzansprüche können innerhalb von 30 Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Ab Kenntnis von Schaden und Schädiger müssen sie jedoch im Regelfall innerhalb von 3 Jahren eingeklagt werden.

     

    1. Unter welchen Umständen ist Schadenersatz möglich?

    Schadenersatz kann beansprucht werden, sofern der Schaden durch ein rechtswidriges und zumindest fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten seitens des Verursachers entstanden ist. Es gibt jedoch einige spezielle Haftungsregelungen, bei denen das Verschulden keine Rolle spielt, wie zum Beispiel das Produkthaftungsgesetz oder das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (z.B. Verkehrsunfälle).

    „Wenn von ‚Verursacht‘ die Rede ist, bedeutet dies, dass ohne das Handeln des Verursachers der Schaden nicht eingetreten wäre. Das alleine ist aber nicht genug, um einen Schadenersatzanspruch durchzusetzen.

    Die zentrale Frage bleibt, ob das Verhalten des Verursachers entfernt werden kann, ohne dass dadurch der Schaden verhindert wird. Allerdings führt die bloße Verursachung eines Schadens nicht zwangsläufig zur Verpflichtung einer Entschädigung, um exzessiven Schadenersatz zu vermeiden. In Situationen, in denen Schäden aufgrund einer hochgradig ungewöhnlichen Abfolge von Ereignissen entstehen, besteht keine Haftung mehr. Als Beispiel: A erleidet bei einem Verkehrsunfall Verletzungen und muss seitdem eine Halskrause tragen. Aufgrund dieser Beeinträchtigung der Sicht stolpert er und stürzt gegen einen Kinderwagen und verletzt das Kind in dem Kinderwagen. In diesem Fall ist der Verursacher des Verkehrsunfalls nicht mehr haftbar für die Verletzungen des Kindes.

    „Rechtswidrig ist ein Verhalten, sofern es gegen gesetzliche Bestimmungen, gegen die guten Sitten oder gegen einen Vertrag (auch gegen vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten; wie etwa Aufklärungspflichten im Zuge von Vertragsverhandlungen) verstößt.

    Beispiel im Bereich Verkehr: Sowohl das Überfahren einer roten Ampel und dadurch verursachte Unfälle als auch das unachtsame Öffnen einer Autotür auf der Straße, das einen Unfall mit einem vorbeifahrenden Fahrradfahrer verursacht, können Schadenersatzansprüche auslösen.

     

    Beispiel im Bereich Online-Shopping: Sowohl die falsche Lieferung eines Produkts, das nicht den Produktbeschreibungen entspricht und dadurch Schäden beim Kunden verursacht, als auch die verspätete oder mangelhafte Bereitstellung von Dienstleistungen nach dem Online-Kauf, wie beispielsweise die verzögerte Lieferung eines digitalen Downloads, können Schadenersatzverpflichtungen auslösen.

    Beide Male kann rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten zu Schäden führen und daher Schadensersatzansprüche begründen. Die Verletzung einer Aufklärungspflicht könnte vorliegen, wenn der Verkäufer eines Geschäftes für Textilien zwar weiß, dass in unmittelbarer Nähe Konkurrenzunternehmen eröffnet werden, es dem Käufer aber nicht mitteilt, damit der Käufer doch das Geschäftslokal für Textilien kauft.

    Von Verschulden spricht man, wenn dem Schädiger sein schädigendes Verhalten vorwerfbar ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Einsichtsfähigkeit des Schädigers fehlt. Von fehlender Einsichtsfähigkeit kann bei einer geistigen Beeinträchtigung die Rede sein. Kinder unter 14 Jahren können grundsätzlich nicht fähig für Schäden haftbar gemacht werden. Nur in ganz bestimmten Fällen ist auch eine Haftung eines Kindes unter 14 Jahren möglich.

    Es gibt sogenannte Verschuldensgrade. Man unterscheidet zwischen leichter Fahrlässigkeit, grober Fahrlässigkeit und Vorsatz. Leicht fahrlässig verhält man sich, wenn dieser Fehler auch einem grundsätzlich sorgfältigen Menschen unterlaufen könnte. Würde der Fehler einem sorgfältigen Menschen nicht passieren, so spricht man von grober Fahrlässigkeit. Vorsatz liegt vor, wenn man den Schaden zumindest ernstlich für möglich hält und sich mit dem Eintritt des Schadens abfindet.

    Spezialtatbestand

    Während oben ausgeführte Verschuldensgrade immer anhand der konkreten Person beurteilt werden, gibt es für Sachverständige/Experten einen objektiven Verschuldensmaßstab. Sie müssen im Rahmen ihrer Expertise einem höheren Sorgfaltsmaßstab standhalten. Als Sachverständige zählen alle, die zu erkennen geben, über ein besonderes Fachwissen zu verfügen (z.B. sämtliche Gewerbetreibende und auch unbefugt Gewerbetreibende).

     

      1. Was bekommt man ersetzt? Höhe des Schadenersatzes

      Das Grundprinzip des Schadenersatzes ist die Wiederherstellung des vorherigen Zustands, als ob kein Schaden eingetreten wäre. Sofern die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes aber nicht möglich oder untunlich ist, wird der Schaden in Geld ersetzt.

      Dabei handelt es sich oftmals um den Ersatz der Kosten der Wiederbeschaffung derselben oder einer vergleichbaren Sache.

      Für den Umfang des Ersatzes, nämlich ob auch der entgangene Gewinn ersetzt werden muss, ist der Verschuldensgrad relevant. Bei leicht fahrlässiger Beschädigung ist der Schaden nach ihrem objektiv zu berechnenden Wert zu ersetzen. Handelte der Schädiger grob fahrlässig oder vorsätzlich, kann der Geschädigte volle Genugtuung verlangen. Darunter versteht man, dass dem Geschädigten der konkret entstandene Schaden ersetzet werden muss (erlittene Beschädigung und entgangener Gewinn).

      Bei einem Verkehrsunfall sind regelmäßig nicht nur die Reparaturkosten des beschädigten KFZ zu ersetzen. Handelte es sich um ein neues Fahrzeug besteht auch Anspruch auf den „merkantilen Minderwert“. Das ist ein Ersatz für den Umstand, dass der Wert eines unfallfreien Fahrzeuges im Verhältnis zu einem unfallbeschädigten und im Anschluss reparierten Fahrzeug regelmäßig höher ist.

       

      Häufig stellt sich nach der Beschädigung von gebrauchten Gegenständen die Frage, dass am Markt kein anderer gebrauchter Gegenstand mit demselben Gebrauchszustand zu finden sein wird und stattdessen ein Ersatz durch vergleichbare neue Gegenstände erfolgen wird (neue Fernseher statt gebrauchtem Fernseher). Der Geschädigte erhält nach der Beschädigung eine neue Sache, obwohl er vorher nur eine gebrauchte Sache hatte. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, hat der Geschädigte einen Anteil an den Wiederbeschaffungs- oder nunmehr Neuanschaffungskosten selbst zu tragen und erhält hierfür anteilig keinen Ersatz vom Schädiger (Abzug „neu für alt“).

       

      Zentrale Bestimmung zum Schadenersatz bei Körperverletzungen/Personenschäden findet sich in §1325 ABGB:

      Wer jemanden an seinem Körper verletzet, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten; ersetzet ihm den entgangenen, oder wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst und bezahlt ihm auf Verlangen überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld.

       

      Schmerzengeld stellt eine Kompensation für den nicht materiellen Schaden dar, den eine verletzte Person aufgrund ihrer Verletzung erfahren hat. Normalerweise werden dafür sogenannte „Schmerzensgeldsätze“ verwendet, die je nach Grad der erlittenen Schmerzen in leichte, mittelschwere und schwere Schmerzen unterteilt sind. Die Anzahl der Schmerzensgeldsätze richtet sich nach der Dauer und Intensität der Schmerzen, die in der Regel von Fachleuten oder Sachverständigen bewertet werden.

      Die üblichen Schmerzengeldsätze bewegen sich für leichte Schmerzen pro Tag bei 110 bis 150 Euro, mittelschwere Schmerzen 220 bis 300 Euro und schwere Schmerzen 330 bis 450 Euro Schmerzen jeweils pro Tag bei 24 Stunden durchgehenden Schmerzen täglich (komprimiert auf den 24-Stunden-Tag).

      (Stand Februar 2023)

       

       

      1. Wer ist ersatzpflichtig?

      Grundsätzlich trägt die primäre Verantwortung die Person, die den Schaden rechtswidrig und schuldhaft verursacht hat.

       

      Doch was passiert, wenn es mehrere Schädiger gibt?

       

      Bei gemeinsamer vorsätzlicher Schädigung, haften die Schädiger solidarisch, das bedeutet, jeder Einzelne ist für den gesamten Schaden verantwortlich (Solidarhaftung).

       

      Haben mehrere Schädiger fahrlässig gehandelt, ist zu prüfen, ob es möglich ist, festzustellen, welcher Schädiger für welchen Teil des Schadens verantwortlich ist. Wenn dies möglich ist, haftet jeder nur für seinen entsprechenden Anteil am Schaden. Ist eine Abgrenzung bzw. Ermittlung des Schadenanteiles nicht möglich, so haften die Schädiger im Zweifel ebenfalls solidarisch.

       

      Im Falle der Solidarhaftung kann der Geschädigte auswählen, welchen Schädiger er für den Gesamtschaden in Anspruch nimmt. Leistet dann einer dieser Solidarschuldner Schadenersatz, kann sich dieser bei den anderen Schädigern regressieren, das bedeutet im Ergebnis, dass intern unter den Schädigern eine Aufteilung des Schadens verlangen kann.

       

      Häufig trifft den Geschädigten selbst auch eine Mitschuld am Schaden. Der Schädiger ersetzt in so einem Fall nur den ihm zuordenbaren Schadenanteil.

      Beispiel: Der Lenker eines PKW verursacht schuldhaft einen Zusammenstoß mit einem Motorrad. Der Motorradlenker erleidet schwere Kopfverletzungen. Der Motorradlenker trug jedoch keinen Motorradhelm. Den Motorradlenker trifft aufgrund des verpflichtend zu tragenden Motorradhelmes ein Mitverschulden am eingetretenen Schaden/an seinen Kopfverletzungen. Der Lenker des PKW wird nicht den gesamten Schaden ersetzen müssen.

       

       6. Muss ich für das Verhalten anderer haften?

      Ja, unter bestimmten Umständen kann es vorkommen, dass Sie nicht nur für Ihr eigenes rechtswidriges und vorwerfbares Verhalten verantwortlich sind, sondern auch für das Verhalten von Personen, die Sie zur Erfüllung von Verträgen oder Aufgaben heranziehen. Diese Personen werden als „Erfüllungsgehilfen“ bezeichnet und ihre Haftung wird durch rechtliche Vorschriften wie § 1313a des ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.

       

      Wenn Sie außerhalb eines Vertragsverhältnisses einen „Besorgungsgehilfen“ (gemäß § 1315 ABGB) beauftragen, um bestimmte Aufgaben in Ihrem Namen zu erledigen, tragen Sie die Verantwortung für das Verhalten dieses Besorgungsgehilfen, insbesondere wenn dieser untüchtig oder bewusst gefährlich handelt.

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