Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat kürzlich eine wegweisende Entscheidung (7 Ob 10/25h) im Bereich des Rechtsschutzversicherungsrechts getroffen, die für viele Versicherungsnehmer, insbesondere im Zusammenhang mit Mietkautionen, von großer Bedeutung ist. Das Urteil klärt, unter welchen Umständen die Rückforderung einer Kaution, die zugunsten Dritter hinterlegt wurde, vom allgemeinen Vertragsrechtsschutz einer Rechtsschutzversicherung gedeckt sein kann.
Der Fall: Kaution für die Söhne
Im Zentrum des Falls stand eine Klägerin, die ursprünglich eine Wohnung mietete und dafür eine Barkaution in Höhe von 2.400 EUR hinterlegte. Als ihre Söhne später die Wohnung übernahmen und einen neuen Mietvertrag mit demselben Vermieter schlossen, beließ die Klägerin die Kaution zugunsten ihrer Söhne beim Vermieter. Nach Beendigung des Mietverhältnisses der Söhne behielt der Vermieter einen Großteil der Kaution aufgrund angeblicher Beschädigungen ein. Die Klägerin begehrte daraufhin von ihrer Rechtsschutzversicherung Deckung für die Rückforderung des Kautionsbetrags.
Die Rechtsschutzversicherung lehnte die Deckung ab, mit der Begründung, dass die Söhne nicht mitversichert seien und es sich bei der Kaution nicht um einen Vertrag über eine „bewegliche Sache“ im Sinne der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung 2018 (ARB 2018) handle.
Die Entscheidung des OGH: Kaution ist eine „bewegliche Sache“
Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gaben der Klage auf Deckung statt, und der OGH bestätigte diese Entscheidungen.
Der OGH stellte klar, dass der von der Klägerin mit dem Vermieter geschlossene Pfandbestellungsvertrag, der das Belassen der Barkaution für die Söhne betraf, als schuldrechtlicher Vertrag über eine bewegliche Sache im Sinne des Art 23.2.1.2. ARB 2018 anzusehen ist. Bargeld, also die Barkaution, gilt als bewegliche Sache. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Kaution ist ein schuldrechtlicher Anspruch aus diesem Pfandbestellungsvertrag.
Entscheidend war, dass das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Vermieter die Überlassung von Bargeld zur Sicherung zukünftiger Forderungen betraf und damit ausschließlich bewegliche Sachen. Der Umstand, dass dieser Vertrag einen Zusammenhang mit einem Mietvertrag über eine unbewegliche Sache (die Wohnung) hatte, ändert nichts an der Deckungspflicht. Der OGH betonte, dass der Vertrag nicht primär die unbewegliche Sache selbst, sondern die bewegliche Kaution zum Gegenstand hatte.
Was bedeutet das für Sie als Versicherungsnehmer?
Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal für alle Rechtsschutzversicherten. Es stärkt die Position von Personen, die Kautionen oder ähnliche Sicherheiten für Dritte hinterlegen. Es zeigt, dass der allgemeine Vertragsrechtsschutz auch in komplexeren Konstellationen greifen kann, selbst wenn ein Bezug zu unbeweglichen Sachen besteht.
Sollten Sie eine ähnliche Situation erleben oder Fragen zu Ihrem Rechtsschutzversicherungsvertrag haben, insbesondere im Zusammenhang mit Kautionsrückforderungen, beraten wir Sie gerne. Es ist entscheidend, die genauen Formulierungen Ihrer Versicherungsbedingungen zu prüfen und im Bedarfsfall professionelle rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um Ihre Ansprüche durchzusetzen.
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Quelle: RIS – Oberster Gerichtshof, 7 Ob 10/25h vom 22.04.2025